Leseprobe
Ein Geräusch. Vielleicht gehört es zum Traum. Christoph öffnet die Augen, stöhnt leise auf und schlägt mit einer Hand nach dem Wecker. Scheppern und Klirren, aber das Geräusch ist noch da. Ein Brummen, viel zu laut für die Stille der Nacht. Da ist ein blinkender Fleck auf dem Boden, sein Handy! Welcher Idiot ruft jetzt an, mitten in der Nacht?
"Ja?"
"Du musst kommen."
"Isabel?"
"Kröger ist tot."
Drei Worte, voller Angst und Panik. (...)
Isabel fragt nicht einmal, wohin er sie bringt. Sie vertraut ihm völlig. Es könnte ihn glücklich machen. Unter anderen Umständen. Die Schlesische Straße stadtauswärts. Jedes Mal, wenn sie an einer Ampel stehen bleiben, erzählt Isabel ihm einen Teil der Geschichte. Der Hausmeister, der zugleich auch das schäbige Anwesen verwaltete, hatte besoffen an ihre Türe geklopft. Gegen zehn Uhr abends. Sie machten nicht auf. Taten so, als wären sie nicht da. Kröger drohte mit der Polizei. Er tobte, donnerte gegen die Tür. Stimmen von oben, er solle die Klappe halten. Er brüllte zurück. Irgendwann war es still (...)
Sie ging in den Keller. Leise. In der Dunkelheit. Sie sah das Bündel unten am Ende der Treppe. Schaltete ihre Taschenlampe an. Da lag er. Eine große Platzwunde an der Stirn, auch Nase und Mund blutig. Das Gesicht zerschlagen, der Kopf in einer Lache Blut. (...)
Isabel hatte noch nie einen toten Menschen gesehen. Dennoch war sie sicher: Kröger ist tot. Vielleicht im Suff die Treppe hinuntergefallen. Vielleicht eine heftige Auseinandersetzung. Vielleicht aber hat ihn auch jemand umgebracht. Es gibt genug Menschen, die Kröger hassen. Sie, Isabel, ist eine davon. Sie muss weg, so schnell wie möglich.